Solfatare

Nach einer geruhsamen Nacht direkt gegenüber dem zuverlässig spuckenden Strokkur und voller Tatendrang wartete schon vor dem Frühstück das erste Abenteuer auf uns. Allerdings eher kulinarisch als fotografisch, denn als kleines Gruppenevent stand heute zuerst gemeinsames Anstoßen auf dem Programm: mit Lebertran. In vielen isländischen Hotels steht die ölige Flüssigkeit am Frühstücksbuffet und wird in ebenfalls bereitgestellten Schnapsgläschen serviert. In den Wintermonaten ist Lebertran in Island ein traditioneller Vitamin-D-Lieferant. Wir ließen es uns daher nicht nehmen und taten es den Isländern gleich. Skál ! Das ging runter wie Öl – hmmm.


Frühstücken wie ein Isländer. Nur damit kein falscher Eindruck entsteht - es handelt sich nicht um Schnaps sondern um Lebertran.

Nachdem alle Taschen und Stative wieder im Auto verladen waren ging es dem seltsamen Lichtschein am Himmel folgend weiter nach Reykholt. Dort offenbarte sich dominante Lichtschein am Himmel leider nicht als Nordlicht, sondern als sehr große Gewächshausansammlung. Durch die beleuchteten Scheiben konnten wir tausenden grünen Gurken beim Wachsen zusehen.In der blauen Stunde wirkte des extrem gelbe Licht besonders durch den Komplementärkontrast.


Gurken in einem Gewächshaus in Reykholt.

Wir besuchten bei zunehmend schlechter Witterung die Kirche in Skálholt, an deren Stelle sich in früheren Zeiten der erste Bischofsitz in Island befand.


Im Ort Hveragerði legten wir eine kleine Pause ein und besuchten das Shopping-Center. Dort befindet sich die Ausstellung „Quake 2008“. In diesem Jahr zerstörte ein Erdbeben der Stärke 6.3 auf der Richter-Skala Häuser und Einrichtungen und führte zu einem großen Riss im Boden des Gebäudekomplexes, der heute mit einer Plexiglasplatte abgedeckt ist und die enormen Kräfte des Erdbebens veranschaulicht. Jetzt zeigte uns Thor die volle Bandbreite seines meteorologischen Könnens (alles außer Sonne) und bedachte uns nacheinander und später auch gemischt mit Sturm, Nebel, Regenschauern und Schneegestöber. An Fotografieren war kaum noch zu denken. Also machten wir kurzerhand eine Sightseeing-Tour auf Reykjanes. Die geplanten Fotolektionen wurden in „Fotografieren unter widrigen Bedingungen“ und „Ausdrucksstarke Schlechtwetterfotos“ abgeändert. Uschi und Christian ließen sich auch vom kalten Eisregen nicht beirren und machten sich beharrlich mit ihren Kameras über die mit Moos bewachsenen schroffen Lavafelder her.

Auch schwefeligen Solfataren Krusuviks und der Vulkan Gunnuhver beeindruckten unsere Teilnehmer so sehr, dass sie sich trotz eisiger Kälte, beschlagener Linsen und durchnässter Klamotten nicht vom Fotografieren abbringen ließen.


Unsere tapferen Fotografen vor der heißen Quelle im Hochtemperaturgebiet Gunnuhver. Mit bist zu 300°C das heisseste in Island.

Im tradionellen „Kaffi Duus“ gab es einen kleinen Snack zum Auftauen und danach ging es direkt ins 800 Jahre alte Lavafeld zum Baden und Erholen in die „Blaue Lagune“. Als „Abfallprodukt“ eines  Geothermalkraftwerkes bildete sich dort ein Salzwassersee, dessen blau-weiße Farbe durch Kieselerde hervorgerufen wird. Das Wasser enthält zusätzlich Mineralsalze und Algen und ist bis zu 42° Celsius warm. Inzwischen ist dort ein riesiges Wellness-Zentrum entstanden, das trotz der Besucherströme nicht überlaufen wirkt. Übrigens wird dort eine Art moderne Islandsaga tradiert. Wer sich dort den weißen Kieselerdeschlamm auf das Gesicht pappt, soll wie durch Zauberhand 10 Jahre jünger werden. Also schleppten wir unsere von der anstrengenden Woche erschlafften und  durchnässten müden Körper zur Schlammtheke und schmierten, was das Zeug hält.


Der Effekt der Verjüngungskur ist natürlich erst nach dem Abspülen der weißen Packung erkennbar...

Auch die von der Blauen Lagune gesponserte Feuchtigkeitscreme wurde als lustige Gruppenaktivität aufgetragen und wir verließen mit verjüngten, glänzenden Gesichtern das Thermalbad Richtung Hafen zum leckeren Abendessen, bei dem wir nach dem Gull ein weitere isländische Biersorte probierten (Boli). Ermattet aber zufrieden ging es dann endlich in unser Hotel in Reykjavik.

Published in Fotoreise Island 2017
Sonntag, 23 Februar 2020 01:47

Iceland in a nutshell

Nach einer kurzen Nacht starteten wir heute unseren ersten richtig langen Fototag. Natürlich erst nach einem ausgiebigen Frühstück und großen Mengen Kaffee. Die Isländer sind übrigens selbst kaffeesüchtig und häufig erhält man daher das Heißgetränk umsonst, was nach langen kalten Fotosessions eine willkommene Auftauhilfe ist. Wir nehmen uns heute die Halbinsel Reykjanes vor und begeben uns damit zum aktuellen vulkanischen Hotspot. Hoffentlich geht alles gut. Die Warnungen auf vedur.is verhießen nichts Gutes, denn aufgrund plötzlichen Gasaustritts in einer der Lavahölen wurde von einem Besuch abgeraten. Wir versicherten uns nochmal beim Veranstalter, daß mit unserer Tour alles ok ist und brachen pünktlich auf nach Süden. Auf dem Weg zum Kleifarvatn machten wir einen Fotostopp an einer olfaktorisch herausfordernden Location, nämlich einem großen Hersteller für Trockenfisch. Soweit ich weiß, werden die getrockneten Fischköpfe vor allem nach Afrika exportiert.


Trockenfisch soweit das Auge sehen kann. Optisch eine Augenweide. Das fanden auch die vielen Raben, die das Gelände umschwirrten.

Für uns stellten diese Leckerbissen vor allem ein Supermotiv dar und wir ließen die Kameras heißlaufen. Anschließend zogen wir auf verschneiten Straßen vorbei am Kleifarvatn, wo wir an herausragend schöner Aussicht unser Geburtstagsständchen für Jörg gaben. Das hat man auch nicht alle Tage! Im Geothermalgebiet Seltún ging uns fast schon ein wenig die Zeit aus, da wir pünktlich in der Lavahöle eintreffen mussten. Dennoch waren unsere Teilnehmer beeindruckt, denn heiße Quellen und blubbernde Schlammlöcher hat man zu Hause weniger, wenn man nicht gerade am Stromboli oder auf Hawaii wohnt.


Nicht immer einfach zu fotogafieren aber trotzdem beeindruckend. Das Geothermalgebiet mit Solfataren und Fumarolen Seltún.

Also hetzten wir an schönen Lavafeldern vorbei zur Lavahöhle, wo wir auch pünktlich zur Helm- und Spikesausgabe eintrudelten. Die Besichtigung der Höhle ist ein absoluter Touristenmagnet geworden, der auch von Wochenendbesuchern Reykjavíks gerne genutzt wird und so war unsere Gruppe ziemlich groß. Nach der obligatorischen Sicherheitsbelehrung und dem Funktionscheck der Helmlampe zogen also unsere tapferen Fotografen mit der Touristenkarawane aus, um das Erdinnere zu erkunden. Diese Lavahöhle mit dem schönen und unausprechlichen Namen Raufarhólshellir steht seit geraumer Zeit auf unserem Tourprogramm und stellt die meisten erstmal vor fotografische Herausforderungen. Zum einen verlangt die dunkle Umgebung das Arbeiten mit Stativ, was aber aufgrund des Gitterbodens der Laufstege nicht immer einfach ist. Zum anderen geht es weit in die Lava hinein und die Gruppe muss geschlossen vorwärts ziehen, so dass für die Einstellung der Kamera kaum Zeit ist. Entschädigt wird man allerdings durch die Stalagmiten aus Eis und die wunderschönen Farbenspiele an der Lavadecke. Außerdem war unser Führer recht geduldig mit uns, so dass wir genügend Extrazeit bekamen, um uns mit der Kamera auszutoben.


Nach der Höhle und der lange aufgeschobenen Biopause machten wir uns gleich wieder auf den Weg Richtung Westen. Schon auf der Fahrt fielen uns die spektakulären Wellen und Brecher an der Küste auf und einigen juckten sicherlich die Finger, um aus dem Auto rauszuspringen und ein paar Fotos zu schießen. Das hoben wir uns aber für die natürlichen Lavapools von Brimketill auf und das war genau richtig! Schon von weitem waren die haushohen Brecher an den Basaltbecken zu erkennen und nach dem Parken gab es kein Halten mehr für unsere Teilnehmer. Irgendwie schaffte es Carola mehrere Brecher mitzunehmen und auch mich erwischte es hin- und wieder. Das tat aber unserer Begeisterung keinen Abbruch, denn solch ein Naturschauspiel hatten die wenigsten von uns schon mal erlebt.



Anschließend nutzten wir die Gelegenheit, um unsere Proviantvorräte zu ein wenig zu plündern. Wie immer waren wir mit einer breiten Auswahl an Leckereien im gesamten Geschmacksspektrum ausgestattet, wobei man fairerweise zugeben muss, dass YumYum-Nudelsuppe mit lauwarmen Wasser uns nicht wirklich goutierte. Uns blieben danach nur noch wenige Minuten, um der spektakulären Fumarole Gunnuhver einen Besuch abzustatten bevor wir - nun hoffentlich zum letzten Mal - einen Abstecher zum Flughafen machten, um unsere kleine Truppe mit Teilnehmer Rainer zu komplettieren und den Tag in der blauen Lagune ausklingen zu lassen. Fotos und Ende der Geschichte folgen noch. Es ist nämlich jetzt schon halb zwei morgens und wir müssen nun wirklich ins Bett. Den morgigen Start habe ich noch eine Stunde vorverlegt. Oh Mann, was habe ich mir dabei nur gedacht?

Published in Fotoreise Island 2020
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