Heute hatten wir einen Reisetag mit vielen kleinen Fotostopps geplant, da wir eine längere Strecke bis Vík í Mýrdal an die Südküste fahren wollten. Für Raphael ging der Tag wie auch gestern etwas früher los. Nicht etwa, weil er noch Hausaufgaben erledigen musste, sondern weil er schlicht und einfach nicht daran gedacht hatte, das eine Stunde Zeitverschiebung einzurechnen ist. So hatte er wenigstens das Frühstücksbuffet für sich allein. Im Dunkeln ging es also los auf der Ringstraße Richtung Westen. Relativ schnell mussten unsere Teilnehmer im Bus wieder die Scheiben freikratzen, um etwas sehen zu können - und zwar von innen! Heute konnte man sich im wahrsten Sinne des Wortes seine vier Buchstaben abfrieren. Als kleine Aufgabe mussten heute unter anderem Gräser vor schwarzem Untergrund fotografiert werden.
Harald legte sich wieder richtig ins Zeug beziehungsweise auf den Boden. Das nenne ich mal Einsatz! Nach einem weiteren Stopp hielten wir an einem kleinen aber sehr hübschen Wasserlauf mit kleinen Stufen, an dem sich unsere Teilnehmer mit Linienführung, Langzeitbelichtung, Vordergrundbetonung, Makro und so weiter austoben konnten. Hier trat auch der sogenannte Magneteffekt wieder auf. Anscheinend wirkt ein Qualitätsfotohalt unserer Gruppe magnetisch auf Touristenautos, die sonst einfach vorbeigefahren wären.
Obwohl wir zu Beginn für uns allein waren, sah schon kurze Zeit später die Haltebucht aus wie ein Supermarktparkplatz am Freitagabend. Ein Phänomen, was wir schon häufiger während unserer Reise erlebt hatten. Vordergrundbetonung war auch Motto des „Kirchenpflasters“ in Kirkjubæjarklaustur bevor wir uns zur Schlucht Fjaðrárgljúfur begaben.
Letztes Jahr noch waren wir die einzigen Besucher des malerischen Canyons. Diesmal tummelten sich aber zahlreiche vor allem jüngere Touristen an diesem interessanten Ort, da die Generation-Selfie durch das Video zu Justin Biebers Song „I’ll show you“ darauf aufmerksam gemacht wurde. Harald fand die ganze Szenerie offenbar auch sehr umwerfend, denn er begab sich schon wieder zu Boden. Diesmal allerdings unfreiwillig, als er auf dem spiegelglatt überfrorenen Weg ausrutschte. Glücklicherweise kam er mit dem Schrecken davon, aber sein Objektiv hat leider gelitten. Trotzdem: besser Glas als Knochen.
Nach der Schlucht mussten wir uns allerdings sputen, den schwarzen Strand von Vik zu erreichen. Ich hatte die Teilnehmer schon im Bus über die Gegebenheiten der Location aufgeklärt und mögliche Motive und Objektivauswahl, sowie Schwierigkeiten angesprochen, damit die Teilnehmer direkt vor Ort gleich loslegen konnten. Es waren wieder 4 Großbusse und zahlreiche Jeeps vor Ort. Am Strand wimmelte es nur so von Touristen. Unsere Fotografen hatten die Aufgabe bekommen, freie Sicht möglichst gleich zu nutzten und schwirrten sofort aus. Jeder machte sich nach persönlicher Vorliebe entweder an Makrofotografie und Srukturen oder an die Teleaufnahmen der berühmten Reynisdrangar Felsen.
Ein Blick ging immmer auf die nahenden Riesenwellen, die gefährlich nah herankamen . Mit vollem Körpereinsatz legten sie ich auf den Boden, knieten im nassen Sand oder nutzen die heranrollenden und auch die abfließenden Wellen um Linien in das Landschaftbild zu bekommen und damit Tiefe und Perspektive zu erzeugen. Wie bei den Erdännchen wurde eine Wache positioniert um die Anderen vor dem Raubvogel ähm der Wellenintensität zu warnen. Fast alle kamen aber trockenen Fußes zurück zum Auto. Henning hatte einen besonderen Vorteil, seine Schuhe sind wasserdicht und somit brauchte er nicht vor den Wellen wegzurennen, sondern blieb einfach stehen. Da zeigt sich wieder- wähle deine Ausrüstung mit Bedacht!
Nachdem alle Motive im Kasten waren ging es für das letzte Licht noch mal nach Dyrhólaey mit Leuchtturm und dem natürlichen Felsentor im Meer. Da nahmen einige Teilnehmer waaghalsige Standpunkte ein, um fotografisch mehr Tiefe im Bild zu bekommen und Kanten von unterschiedlichen Motive zu trennen. An dieser Stelle möchte ich bemerken - die Schilder und Absperrungen stehen nicht ohne Grund an den gefährlichen Stellen und sollten natürlich auch beachtet werden. Kein Foto der Welt ist es Wert sein Leben dafür zu lassen! Eine weitere Fotoaufgabe beschäftigte sich mit den Negativraum und die Teilnehmer nutzten den Leuchttum um die gestellte Aufgabe umzusetzten. Dann ging es durchgefroren zum Icelandair Hotel nach Vik. Nach einem leckeren Essen, befassten wir uns wieder mit der Bildbesprechung, Analyse und auch Theorie. Morgen geht es auf dem Golden Circle zum Þingvallavatn über den Gullfoss zum Geysir, an dem wir direkt auch im Hotel nächtigen werden. Odin, der Wettergott ist uns wohlgesonnen und somit sollte es wieder ein ereignisreicher Tag werden.