HighKey

Donnerstag, 17 Januar 2019 22:11

Tag 7 : Wir bekommen nasse Füße

Wie sich beim Guten-Morgen-Sagen herausstellte, wirkten sich die gestrigen Erlebnisse auf unser Schlafverhalten aus. Die einen fielen Ko in die Betten und wachten früh in der gleichen Position wieder auf, die anderen schraubten auch noch nachts an den Kameraknöpfchen, schauten durch Okulare, stellten Stative auf, stapften durch Schneegestöber und suchten Nordlichter. Wilde Träume, die einem den Schlaf rauben. Ja, solche abenteuerlichen und traumhaften Erlebnisse müssen erst mal verarbeitet werden. Alle strahlten um die Wette. Anja wäre gerne noch zu später Stunde an die Gletscherlagune gefahren, aber leider ist auch jedes schöne Nordlicht irgendwann mal vorbei und leider kann man sich auch nicht an all die schönen Orte in Echtzeit beamen. So nutzen wir lieber die kurze Zeit der tanzenden Lichter für Fotos auf dem freien Feld und nicht für eine langen  Autofahrt zur Eislagune. So bleibt uns aber der Wunsch zurück zu kommen und uns erneut auf ein weiteres Abenteuer zu begeben. Denn das atemberaubenden Naturphänomen, die Nordlichter über der zauberhaften Gletscherlagune zu erleben, muss der Inbegriff von Glück für einen Landschaftsfotografen sein.

Nach einem ausgesprochen leckeren Frühstück, ging es wieder auf die Piste. Fast wäre ich aber mit ein paar Chinesen durchgebrannt. Wie gewohnt lud ich meine Taschen auf den Beifahrersitz und wollte mich gerade schwungvoll ins Auto wuchten, als mir Dinge im Auto auffielen, die ich da noch nie gesehen hatte, es ratterte im Kopf, die rote Spühlbürste, die da auf dem Amaturenbrett lag, wollte sich irgendwie nicht in mein Bild unseres Autos einfügen.....da klopfte auch schon ein zutiefst verwunderter Chinese an mein Fenster und ich musste so herzhaft lachen, als mir so langsam dämmerte, dass es gar nicht unser Auto war. Gleiche Marke, gleiche Farbe....nur mit roter Spülbürste:-) Jörg hätte im Gegenzug dann fast die Chinesinnen im Auto gehabt, denn denen war es gleich gegangen. Mein Chinesenmann war jedoch in weiser Voraussicht dazu geeilt und hat seine Liebste zurück ins richtige Auto eskortiert. Nur die Verwendung der roten Spülbürste hier in Island wird mir ein Rätsel bleiben. Nachdem wir die Ordnung wieder hergestellt hatten, kämpften wir wieder mit den Gepäckstücken. Jeden Tag werden es mehr. Jeder zaubert noch irgendwo eine Tasche hervor, füllt sie mit ein paar Habseligkeiten und dann geht das allmorgentliche Rätselraten los, wo genau all die Koffer, Taschen, Stative, Fotorucksäcke, Fresspackete zusätzlich zu den Personen  verstaut werden sollen. Inzwischen sind wir alle sehr kreativ geworden. Jede Ecke wird genutzt. Es hat es sich auch völlig selbstverständlich eingebürgert, dass wir uns alle gegenseitig aushelfen. Stative, Filter, Kamerachips, Handschuhe, Wischtücher, Heatpacks, Tassen, Objektive, Spicks und sogar Socken werden untereinander ausgetauscht und verliehen, um dem anderen in seiner Not zu unterstützen und auszuhelfen. Das ist mir in der intensiven Form noch nicht passiert und es zeigt mir, dass man als Gruppe, auch wenn man völlig verschieden ist, in so einer Woche ganz schön eng zusammenwächst. Vollgepackt bis unters Dach ging es dann mit leichten Verspätungen über spiegelglatte Eispisten. Im dichten Schneetreiben war der kleine Wasserfall am Rande der Fahrbahn überhaupt nicht  zu sehen und so blieben wir einfach kurze Zeit später im völligen Whiteout an einer Haltebucht stehen um eine kleinen Fotolektion mit dem Namen "White wide space" (in Gedenken an dich liebe Nadine:-) einzuschieben.


High-key Übung unterwegs. Nebel und Schnee boten dafür ideale Bedingungen.

Alles weiß! Was soll man da nur fotografieren? Auf was stelle ich scharf? Wie muss ich belichten?  Wo ist mein Handschuh? Fragen über Fragen. Die Teilnehmer entdeckten, dass es auch im völlig weißen Raum eine ungeheure Vielzahl an Motiven gibt und tobten sich im High Key Bereich so richtig fotografisch aus. In den ersten Tagen hatten die weniger routinierten Teilnehmer ordentlich mit der Umstellung der Kamera auf den manuellen Modus (M) zu kämpfen und fluchten ein ums andere Mal in der Kälte. Doch alle haben sich in Rekordzeit tapfer durchgebissen. Viele besprochene Fotothemen greifen jetzt immer mehr zusammen und komplexere Aufgabenstellungen sind möglich. Super! Weiter so! Ich bin stolz auf Euch! Leider mussten wir den Canyon Fjaðrárgljúfur auslassen, da dieser für alle Fahrzeuge gesperrt war. "Fjaðrárgljúfur ist ein Canyon mit dramatischen Ausblicken. Seit Justin Bieber dort ein Musikvideo drehte, wollen noch mehr Menschen dort hin. Zur Zeit darf aber  niemand auf das Gelände: Gemeinde und Umweltbehörde suchen nach einer Lösung für die schlechten Wege. Die Sperrung wird voraussichtlich bis zum 1. Juni dauern und kann auch weiter verlängert werden. " Dies ist eine deutsche Übersetztung der Erklärung auf www. polarkreisportal.de .
Macht nichts, die Sicht ist sowieso mieserabel durch den schneeverhangenen Wolkendecke und so machen wir uns gut gelaunt auf den Weg nach Vík í Mýrdal und freuen und, dass wir jetzt für diese Spot massenhaft Zeit haben. Merke, der beste Reiseplan bringt dir nichts wenn das Wetter und die Bedingungen nicht mitspielen. Da unsere Teilnehmer von uns vielfach darauf vorbereitet wurden, ist es gar kein Problem für sie. Der Canyon kommt auf die gleiche Wunschliste wie auch die Nordlichter über der Gletscherlagune. Safety first!
In Vik gab es erst mal einen kurzen Kaffeestop im Hotel, da es gerade anfing zu regnen.  Alle nutzen das WLAN um sich upzudaten und die einen oder anderen Fotos zu verschicken. Schön aufgewärmt machten wir uns auf den Weg zu den Trollen im Wasser. Doch der starke Nebel hatte sie komplett eingehüllt und nichts war zu sehen. Trotzdem versuchten wir unser Glück om Reynisfjara-Strand aus, ein schwarzer Kiesstrand mit Basaltsäulen und den berühmten Reynisdrangar-Felsformationen vor der Küste. Ein wichtiger Hotspots im Süden. Hier gibt meterhohe Wellen und es wird zur höchsten Vorsicht gewarnt. Gut vorbereitetund und mit den wichtigsten Regeln im Kopf verteilten sich unsere Teilnehmer über den langen Strand um die besten Fotomotive zu suchen. Anja wurde auf dem Weg schon ganz hibbelig weil das Auto vor uns einfach nicht schneller fahren wollte und sich am Himmel aber gerade ein phantastisches Schauspiel abspielte. Die Sonne kämpfte sich am perfekten Standpunkt durch die Wolkendecke, weiß färbte sich zu einen Gemisch aus grau und leichtem hellblau, die Felsnadeln erschienen wie durch Zauberhand am Strand. Mystisch wurden sie von vielen Vögeln umkreist. Ich machte mich mit Karin auf Motivsuche und wir wurden dabei immer mutiger.


Ich nenne sie inzwischen Selfiewand, da die Basaltsäulen ohne Touris praktisch nicht mehr zu fotografieren sind.

Wir beobachten die Wellen, die tosende Brandung und die Gischt, die sich spritzend über den Strand verteilte und warteten geduldig die perfekten Wellenausläufer ab, die uns eine schöne weiße Linie in unsere Bilder zauberten, die wir gleich zur Bildkomposition nutzen konnten.


Die markante Formation Reynisdrangar laut Sage versteinerte Trolle

Zu zweit, das war meine Anweisung ist es einfacher , besser und sicherer. So kann sich der eine komplett auf das Fotografieren konzentrieren und der andere hat die Aufsicht und behält die Szene im Blick. Das man dabei mal nasse Füße bekommt ist keine Seltenheit, dass sich aber unsere Teilnehmer direkt in die Gischt werfen oder ganze Wellen sich in die wohlweislich angezogenen Gummistiefel ergießen schon. So kam es, das parallel zum Fotografieren die Koffer geöffnet werden mussten, um einzelne Teilnehmer wieder trocken zu legen.


Hier ist Kleiderwechsel Nummer 1
Und hier Nr. 2
Und Nr. 3 ...
Tja - das sind alle, die es bis hierhin geschafft haben, trocken zu bleiben

Was tut man nicht alles für ein gutes Foto. Ein paar Minuten später gab es dann auch noch eine große Wiedersehensfreude mit unseren 4 Wiederholungstätern, die sich wie abgesprochen mit uns dort treffen wollten. Mit weiten Armen, wehendem Haar , aber mit plumpen Fußstampfern über die Kieselsteinchen, näherten wir uns wie in Zeitlupe und warfen uns in die Arme. Filmreif! So schön ist Wiedersehensfreude. Schnell haben wir die wichtigsten Infos ausgetauscht über Wetter  und Straßenbedingungen hier und dort und über die Qualität der Fotospots. Es wurde viel gelacht und geherzt. Ich freue mich, dass ich diese tolle Gruppe vom letzten Jahr, in Teilen zumindest, wiedergesehen habe und grüße auch die restlichen Teilnehmer zu Hause. Viel Spaß Euch noch hier in Island. Jetzt haben wir zu unseren zwei vom ersten Jahr Uschi und  Christian, jetzt auch noch Claudia. Andreas, Harald und Henning mit dem Islandvirus infiziert und wissen damit genau, dass wir sie hier wahrscheinlich immer wieder mal treffen werden.

Unsere diesjährigen Teilnehmer hatten sich inzwischen trocken gelegt, Wasser aus den Schuhen ausgekippt und das leckere Picknick konnte starten. Würstchen, Senf, Brot, Tomaten, Suppe, Tee, Cappuchino, Kaffee, Käse, Wurst, Aufstrich, Bananen,  Schokolade und Kekse wanderten jeden Tag durch die Reihen unserer Teilnehmer und es macht einfach nur Spaß.  Morgen müssen wir für jeden eine Zwangsapfelpause einlegen, da diese sich noch in großen Mengen rumdrücken. Nachdem alle gestärkt waren machten wir uns auf den Weg nach Dyrholay. Leider blieben wir jedoch am Berghang stecken und die Räder drehten sich heiß auf der Stelle und schleuderten kleine Steinchen und Schneematsch in die Luft. Also alle raus, Spikes an und schiiiiieeeeben, schiiiiiiiieeeeeben, schiiiiiieeeeben. Nichts. Es kam ein Isländer dazu und meinte, wir sollen ganz nah an den Rand fahren, weil dort mehr Gripp ist. Ja klar, beim rüberrutschen entschieden wir schnell, dass das eine dumme Idee ist und waren uns alle einig, dass es das beste sei einfach das Auto vorsichtig den Berg runter rutschen zu lassen. Safety first! Also ging es etwas eher ins Hotel und ab in den Hotpot und in die Sauna mit anschließender Abkühlung im Schnee. Nach unserer abendlichen Bildbesprechung, diesmal auch zum Thema Bildbearbeitung war, checkten wir noch kurz aus Angewohnheit die Nordlicht-Aktivität. Und - oha - viel stärker als gestern. Schnell raus und  an den Himmel geschaut, aber die dicke Wolkendecke und Schneeflocken ließen keinen Zweifel, dass wir genauso gut Nordlichter im Keller finden wie draußen. Trotzdem war uns ein wenig rebellisch zumute und wir stellten ein Nordlichtfoto in unsere Teilnehmer-WhatsApp-Gruppe mit der Info "Nordlichter! In 5 Minuten Abfahrt!". Mal sehen, wo jetzt die Türen aufgehen.  Und tatsächlich. Bei Elfriede rumpelte es und wenig später stand Elfriede da, volle Polarausrüstung über Schlafanzug... Herrlich. Ob sich das morgen wiederholen lässt?

Published in Fotoreise Island 2019
Montag, 24 Februar 2020 02:47

Der Tag der Wasser (und Schnee-)fälle

Hui - das war eine kurze Nacht. Punkt sieben saßen wir schon wieder zusammen beim Frühstück. Da mein Workshop dieses Jahr einen ganzen Monat später stattfindet wird es fast eine Stunde früher hell und unser erster Programmpunkt, Gewächshäuser in der blauen Stunde, in Hveragerði, mussten also auch nach vorn verlegt werden. Unsere Workshopteilnehmer standen superpünklich zur Abfahrt bereit und nach dem üblichen Tetris im Kofferraum (unsere Taschen unten, Hartschalenkoffer stehend gepuzzelt, Fotorucksäcke und Stative schonend oben sortiert und die Lebensmittelkiste - oh Mist...). In der Nacht ist es deutlich kälter geworden und es hatte geschneit.

Auf der Strecke war auch keineswegs angenehmes Fahren, denn aus dem schönen sonnigen Wetter der letzten Tage wurde heute ein böiger Wind, der Schneeschwaden über die ohnehin schon kaum erkennbare Straße trieb. Trotzdem gelangten wir wohlbehalten bei unseren Gewächshäusern an. Da heute Sonntag war, konnten wir uns allerdings nicht wie in den letzten Jahren telefonisch anmelden und so schlichen wir uns etwas verhalten auf das Gelände der dortigen Fachhochschule für Landschaftsbau. Jörg hatte sicherheitshalber einen Sixpack Bier unter den Pulli geklemmt, um eventuell aufgebrachte Gewächshausmitarbeiter zu besänftigen. Tatsächlich brauchten wir das nicht, denn wir waren völlig allein. Unsere Teilnehmer waren allerdings etwas irritiert. Verlassene Glashäuser, verfallene Wirtschaftsgebäude und ein bisschen orangenes Licht entsprach wohl nicht ihren Erwartungen von Islandfeeling. Doch nach einiger Zeit, entstand die von mir gewünschte Eigendynamik, das Eindenken in die Szenerie und das kreative Spiel mit den Gegebenheiten. So wurde jeder schnell gezwungen, seine Komfortzone zu verlassen - denn ein spektakuläres Naturschauspiel wie einen Wasserfall kann jeder leicht fotografieren - das Foto lebt durch das Dargestelle. Aber kreativer Bildaufbau macht ein interessantes Motiv und die Aufnahme spannend für den Betrachter. Ob Eiszapfen an einer Glasscheibe, die Spiegelung der Landschaft in einem der Fenster oder einfach eine verschneite Leiter auf einem Gewächshaus, unsere Fotografen wurden richtig kreativ. In den nächsten Tagen versuche ich an dieser Stelle noch einige Fotos von unseren Teilnehmers hinzuzufügen, um die entstandene Vielfalt zu demonstrieren.

Nach einem kurzen, leckeren  Lava-Brot-Stopp ging es endlich die Südküste entlang.  Gleißend helles Licht leuchtete uns den Weg und wir hielten Ausschau nach Islandpferden. Ich nutzte direkt die Gelegenheit um meinen Teilnehmern die Besonderheiten der verschiedenen Lichtrichtungen zu erklären. Gegenlicht, Seitenlicht usw. Zusammen wogen wir Vorteile und Nachteile ab und die Teilnehmer mussten an Beispielszenarien  die Vorgehensweise in der Theorie üben.  Immer wieder fing es an zu schneien und die tief hängenden Schneewolken, färbten den Himmel teilweise dramatisch blaugrau oder verstärkten die schwierigste Lichtrichtung des Gegenlichts noch mit farblosem Weiß. Auch da nutzen wir  die Zeit und übten den High-Key-Effekt mit weiß in weißen Landschaftsfotos. Dafür nutzten wir die Berglinie des berühmten Vulkans Eyafjallajökull.


Impressionen von unterwegs

Schon bald ging es zum ersten Wasserfall Urriðafoss und alle versuchten sich in langen Belichtungszeiten und nutzen teilweise zum ersten Mal ihre neuen Grau- und Grauverlaufsfilter. Es ist für mich immer wieder interessant zu sehen, wie die Teilnehmer sich fotografisch entwickeln, mutiger fotografieren, eigene Kompositionen suchen und auch die neuen Hilfs-und Gestaltungsmittel immer schneller und zielgerichteter benutzen können. Nachdem der erste Wasserfall im Kasten war, ging es direkt weiter mit dem zweiten, dem Seljalandfoss. Wieder einmal mussten wir mit vielen Touristen klarkommen und auch mit den besonderen Gegebenheiten vor Ort. Im Sommer kann man hinter dem Wasserfall das Becken umrunden, im Winter ist es trotz Spikes an den Füßen kaum möglich die vereisten Treppen zu betreten. Jedes Jahr wird der Wasserfall ein Stück mehr abgesperrt und unzugänglicher.

Schade, aber auch verständlich, wenn man den Leichtsinnigen und Verrückten zusieht, wie sie für ein gutes " Instagram Foto" die Vorsicht außer Acht lassen und sich in Gefahr bringen. Da schaut man dann auch mal gespannt hin und unterbricht das Fotografieren, wenn eine Touristin, ohne Spikes, die abgesperrte Eistreppe zu besteigen versucht um dann gleich auf der ersten Stufe auszurutschen und rückwärts hinzufallen. Schmerzvoll wälzt sie sich am Boden. Was hat sie bloß erwartet hat? Es ist abgesperrt. Noch interessanter wird das Schauspiel in der Ferne allerdings, wenn es die gleiche Frau auf der gegenüberligenden Treppe ein paar Minuten später gleich nochmal probiert..... Jetzt die spannende Frage !!! Schafft sie es diesmal? Neeeeeiiiiiin, natürlich nicht. Täglich grüßt das Murmeltier. Sie klettert über die Absperrung, betritt die erste Stufe ohne Spikes uuuuuund zack, rutscht sie aus und liegt wieder rückwärts am Boden. Wir können nur den Kopf schütteln und ich kann mir eine Bemerkung an der Stelle kaum verkneifen. " Es handelte sich dabei sicher um ein Fan des Disneyfilms " Frozen " und sie dachte sie könnte wie Eisprinzessin Elsa mit Leichtigkeit den steilen Aufstieg über die Treppe in de Eispalast nehmen. Wahrscheinlich hat sie innerlich noch gesungen: "Let it got, let it go.....". 

Jedoch verschwindet die Touristenbühne  und der Wasserfall bald hinter einem dichten Schneevorhang aus kleinen dicken Schneekügelchen. Keine sanften Flocken, wie wir sie kennen, auch keine Hagelkörner, wie wir sie leider auch kennen. Nein, es ist eine ganz andere Art, eben Islandschnee:-) Es kommt viel runter. Wir machen die letzten Aufnahmen und lassen die Kamera mit kurzen Belichtungzeiten schnell hintereinander die weißen Kugeln einfrieren und auf dem Foto festhalten. Was für ein Erlebnis. Innerlich wird es mir ganz warm ums Herz. Dass ist für mich Island im Winter, diese Glücksmomente, diese kurzen Augenblicke, an denen sich ein unbezahlbarer Moment zeigt um wenige Minuten später vorbei zu sein. Zugreifen, ausharren oder fluchtartig das Feld verlassen, alles ist möglich und jeder muss diese Entscheidung für sich selbst treffen.  Dieses Jahr sind alle mutig! Sie bleiben, genießen das Schauspiel, trauen der guten Technik und sicher auch mir, und belichten weiter, auch wenn schon dick der Schnee über dem Objektiv hängt. Es entstehen auch da immer wieder Motive, die es sonst so nicht geben würde und das macht es aus.

Direkt am Wasserfall öffnen wir noch unser Busbistro und erwärmen uns an warmer Nudelsuppe,  heißem Kaffe und Tee und naschen Knackwürstchen und Käsebrote mit Tomate und Gurke. So langsam tauen alle Gliedmaßen wieder auf und die Kameras werden liebevoll von allen mit den mitgebrachten Küchenhandüchern vorsichtig abgewischt und eingewickelt. Es wird sicher nicht das letzte Schnee- und Wassererlebnis beleiben.
Weiter geht es zu den Pferden. Zuverlässig stehen sie auf " unserer" Koppel wie jedes Jahr. Diesmal sind wir etwas später dran als sonst und die Tiere wurden schon gefüttert. Sie stehen alle mit dem Kopf zur Mitte im Kreis und mampfen genüsslich schön und frisch duftendes Heu. Man hört sie deutlich kauen und sonst nichts. Schön! Alle Farbschattierungen, von weiß, beige, braun, grau, schwarz, gemustert, gesprenkelt, gesträhnt und gemischt, stehen vor uns und strecken uns den Po entgegen. Hihi. Aber fotografisch problematisch, denn man hätte schon gerne Augen und Kopf im Fokus und nicht das Hinterteil. Am Abend beweist uns aber Elena, dass man aus dieser Situation heraus, dennoch bemerkenswerte Motive finden kann. In den nächsten Tagen seht ihr dazu mehr.
Rainer ging ganz gelassen zwischen die Tiere, die ihm auch folgerichtig einen Platz an der Futterstelle freimachten. Wir nutzten natürlich diese Lücke (zum Fotografieren selbstverständlich!) und konnten nun die malerischen Mähnen ins Visier nehmen.


Heute mal dicht gedrängt - unsere Islandpferde

Am späten Nachmittag erreichten wir dann den imposanten Skógafoss, dessen Wasserkaskade etwa 60 Meter tief auf den Boden fällt. Da wir heute an diesem Ort auch schlafen, konnten sich Carola und Doris schonmal im Hotel frisch machen, während unsere anderen beiden Teilnehmer so richtig in Fotolaune waren und trotz widriger Bedingungen ihre Kameras herausforderten.


Mit Begeisterung dabei - aber ob es mit diesem Schneefiler funktioniert ?

Nach einem leckeren Abendessen setzten wir uns gemeinsam zu einer ersten Bildbesprechung zusammen. Ich war gespannt, was unsere Teilnehmer heute so alles fotografiert hatten und war richtig begeistert. Da ich mir immer möglichst unbearbeitete Bildserien zeigen lassen, konnte man deutlich erkennen, wie sich die einzelnen Teilnehmer manchmal an das Motiv herangearbeitet hattten.


Beispiel für Linienführung in der Landschaftsfotografie

Vor allem beim sehr breiten und unruhigem Urriðafoss war das deutlich zu sehen. Bei solchen Motiven, deren Abwechslungsreichtum den Betrachter überfordern, hilft es durch Beschränkung auf wenige Details, Ruhe ins Bild zu bringen und das ist den Meisten richtig gut gelungen.

Published in Fotoreise Island 2020
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