Nach einer kurzen aber ruhigen Nacht ging es heute ganz zeitig um 7 Uhr zum Frühstück. Nachdem wir alle verfügbaren Möglichkeiten durchgesprochen hatten, haben wir uns entschieden, den Tag leicht gestrafft so durchzuziehen wie geplant. Gegen Nachmittag wollten wir dann die Sturmflieger in Keflavik am Flughafen einsammeln und am Abend gemeinsam am Skogarfoss stehen. Das hat natürlich unsere kleine Workshopgruppe vor Ort gefreut und so machten wir uns sogar überpünktlich mit 8 Minuten Vorsprung auf die Piste in Richtung Süden.
Voller Tatendrang ging es tief im Dunkeln Richtung Hveragerði und ich stimmte die Teilnehmer schon mal über das Mikrofon (ja wir lernen auch dazu) auf die fotografischen Gegebenheiten vor Ort ein. Nach nur 45 Minuten hatten wir den Ort erreicht und es ging direkt mit Stativ und Kamera bepackt an die richtige Belichtung der beleuchteten Gewächshäuser. Sehr bedacht keine Spuren in den Schnee zu treten haben sich die Workshopteilnehmer sehr rücksichtsvoll immer wieder abgesprochen, wer wo stehen möchte und wie man sich positionieren kann, so dass man niemanden behindert. Was bei 3 Teilnehmern noch gut funktioniert wird bei 7-9 Fotografen durchaus zu einer logistischen Meisterleistung.
Der eiskalte Wind zog seine Bahnen über dem Schnee und schob uns immer wieder eisige Wolken über das Motiv. Leider nur nicht immer zur richtige Zeit und so mussten wir Fotografen auf Wind hoffen oder uns selbst Wind machen. Der Himmel färbte sich langsam von schwarz zu dunkelblau und der erhoffte Effekt von gelb-orange beleuchteten Gewächshäusern verstärkte sich in der blauen Stunde auf das Maximum.
Nach einer kurzen Rast im von einer Erdbebenspalte durchzogenen Einkaufszentrum von Hveragerði fuhren wir auf der Ringstraße weiter Richtung Seljalandsfoss. Der schöne Wasserfall liegt direkt an der Ringstraße und besteht eigentlich aus 3 Wasserfällen, die in einigem Abstand an einer Felswand hinabstürzen. Da alle guten Dinge offenbar 3 sind, gibt es auch 3 Besonderheiten. Zum einen befindet sich der Besucher nicht oberhalb des Wasserfalls, sondern dort wo die Wassermassen mit ungeheurer Wucht auf den Boden treffen. Außerdem ist es im Sommer möglich, um den Wasserfall herumzugehen.
Der vereiste Klettersteig war allerdings gesperrt. Die dritte Besonderheit ist schon fast ein kleines Geheimnis. Denn der letzte der Wasserfälle stürzt innerhalb eines Canyons nach unten, den man im Sommer betreten kann und ein ausgesprochen malerisches Motiv ergibt. Allerdings ist die Beleuchtung im Winter ungünstig, da der Wasserfall auf der der Sonne abgewandten Seite liegt und durchaus eine fotografische Herausforderung darstellt. Die steigende Anzahl der Touristen kommt erschwerend hinzu. Es wurde mit Graufiltern und Big Stoppern experimentiert, auf dem eiskalten Boden gerobbt um zugefrorenen Gräser im Detail darzustellen und über die Schönheit der Natur gestaunt. Allerdings ist uns aufgefallen, dass es zu den letzten Jahren eine Veränderung gibt, die Isländer haben durchaus erkannt, was Touristen brauchen und reagieren dementsprechend. Sie brauchen vor allem mehr Regeln – es gibt mehr Schilder und einen Parkticketautomat für stolze 700 ISK. Aber sollten die Touris frieren oder Hunger haben ist auch gesorgt, neuerdings gibt es eine Souvenir und Pulloverhütte und einen Imbisswagen. Was mir vor 10 Jahren in Islands Natur völlig undenkbar schien, ist jetzt die Realität.
Weiter ging es im Eiltempo entlang der Südküste zu einer ganz besonderen Pferdeweide. Der Besitzer ist Besuchern nicht abgeneigt, vertraut seinen Pferden offensichtlich sehr und lässt seine große Herde schon seit vielen Jahren auf der Weide mit offenem Gatter grasen. Die besten Voraussetzungen also um schöne Pferdebilder ohne störenden Zaun zu bekommen. Was anfänglich ganz einfach aussah, stellte sich doch als schwieriger heraus, da die Tiere ein unglaubliches Interesse an uns zeigten, mehrere große Pferde mit kleineren Fohlen kamen ganz nah heran, gingen auf Tuchfühlung, beschnüffelten, beknabberten und beschleckten und die Teilnehmer mussten schnell umdisponieren und sich auf Nahfotografie und Weitwinkel einstellen. Wir waren umzingelt von den schönen und neugierigen Tieren und überall sah man nur dickes Fell zwischen strahlenden Touristen und Fotografen stehen. Was für ein wunderschönes Erlebnis. Als Dank hatten sich die stolzen Islandpferde ein Eis ausgesucht ; Marke festgefrorener Kotflügel und Scheibenwischer. Für uns also eine kostenlose Autowäsche.
Anschließend ging es weiter zum Skogafoss, wo wir mit den Teilnehmern eine weitere Fotosession einlegten den leeren Bus zurück nach Reykjavik schickten, um endlich den Rest unserer Gruppe abzuholen.
Nach einem leckeren Abendbrot und einer lockeren Vorstellungsrunde waren alle noch bereit, unseren spannenden abendlichen Programmpunkt zu absolvieren. Und das hat sich mehr als gelohnt. Der Skogafoss liegt in einem Felsenkessel und ist ebenfalls ebenerdig zu erreichen. Gegen 22 Uhr sattelten wir gewissermaßen unsere Fotorucksäcke und begaben und gespannt Richtung Wasserfall der in der stockdunklen Nacht kaum auszumachen war. Nach einigem Hin und Herr und sortieren von Stativen, Teilnehmern und Touristen probierten wir uns an Fotos mit Langzeitbelichtung, die den Wasserfall recht spektakulär zu Geltung brachten. Und dann kam neben dem fantastischen Firmament als Krönung des Tages und zur Begrüßung unserer neuen Teilnehmer ein wunderbares Nordlicht über den Rand gekrochen. Optimal war, dass die meisten bereits ihre Kameraeinstellung gemacht hatten und ungetrübt den Ausblick genießen konnten.
Was für ein Abschluss. Morgen geht’s Richtung Gletscherlagune. Ich bin gespannt, was uns dieser Tag bringen wird.