Tag 10 : Abschied mit Hindernissen
Nachdem wir Anja, wegen ihres sehr zeitigen Flugs am nächste Morgen, schon am Abend zum Flughafenhotel gebracht und uns alle noch mal ordentlich gedrückt hatten, gab es noch eine große Aufregung. Elfriedes Arktis-Boots sind verschwunden. Sie machte den Koffer auf und er war nur noch halb voll!!!!! ( Ja sie sind wirklich so groß. Beweisfoto: Elfriede liegend im Schnee weiter oben.) Schnell sprach sich die Schreckensmeldug von Zimmer zu Zimmer weiter und so wurde im Gang Kriegsrat gehalten. Wie ist das passiert? Schnell war klar, die große Welle zwei Tage zuvor und die Mülltüte waren Schuld ;-) Die nassen Schuhe wurden in eine große blaue Mülltüte gesteckt, um besser transportiert werden zu können. Diese wurde im Gang vergessen und beim letzten Check-Up-Blick vor der Abfahrt stand zufällig das Roomkeeping - Vehikel daneben und so dachten wir alle, es sei eine ordinäre Mülltüte. Mitten in der Nacht haben wir gleich noch im letzten Hotel angerufen und es wurde versprochen, gleich am nächsten Tag danach zu suchen. Irgendwie haben wir diesmal ständig irgendwelche Sachen gesucht. Taschenlampen, Kamerachips, Handschuhe über Handschuhe, Spikes, Handys, Mikrofon und Hotelzimmerkarten, ... alles hat sich nach mehr oder weniger langer Suche wieder eingefunden. Die Hotelzimmerkarte vom Foss-Hotel habe ich allerdings erst zu Hause gefunden. Mea culpa! Nur der eine gute Spike wurde warscheinlich an einem fremden Fuß in die andere Richtung davongetragen. Aber, in punkto Arktis-Boots geben wir die Hoffnung nicht gleicht auf. Abwarten.
Übrigends haben wir hier auch schon Touristinnen Stöckelschuhen am vereisten Wasserfall gesehen. Wir als Fachmänner und -Frauen wissen aber gleich, es handelt sich dabei um ganz spezielle Ein-Spike-Schuhe, die mit dem langen Spieß.... quasi ein Mono-Spike. Irre! Bricht sich eine Touri-Fashionista dabei das Bein, hat sie gleich noch die bekannte rote Farbe unter dem Schuh. Hihi. Aber kein Witz: Ballerinas und Absatzschuhe aller Arten sind hier im Winter keine Seltenheit :-(
Nach einem schönen letzten gemeinsamen Frühstück, malen wir noch zusammen die gefahrene Strecke in die großen Islandkarten und allen Teilnehmern wird dabei noch einmal bewusst, wie viele Kilometer wir gefahren sind (mehr als 2000 km ) wie viel wir gesehn und erlebt haben und was für ein wunderschönes Abenteuer hinter uns liegt. Wir werden mit vielen warmen Worten verabschiedet und sagen Karin, Elfriede und Hartmut herzlich Lebewohl und lassen sie mit Skyr und einem Apfel (sonst schaffen wir die vielen Reste ja niemals alleine) mitten im Schneegestöber zum Flybus Richtung Flughafen stapfen.
Zurück bleiben nur noch Carola und Frank und die haben wir eingeladen, mit uns einen Tagesausflug nach Snaefellsness zu machen. Ja, wir wollen es noch mal wissen und versuchen unser Glück noch einmal wie schon eine Woche zuvor.
Aber bevor es losgeht müssen wir noch die wichtigsten Regeln hier im Winter befolgen. 1. Check der Wetterkarte (www.vedur.is): Vormittags Schnee, dann Sonne- also perfekt! 2. Check der Straßenlage (www.road.is): Stärkerer Wind in manchen Teilen des Landes, also nichts Neues. 3. Check des Dieselvorrats: passt! 4. Ein kurzer Blick in unsere Lunchkiste erhellt unsere Miene. Genügend Suppe, Würstchen, Brot, Skyr, Äpfel, Naschereien,Tee und Kaffee sind an Bord und können uns über so manche Strecke problemlos versorgen. 5 Alles einladen, die Fahrt geht los. Mit leichtem Tagesgepäck und nur noch zu viert im großen Auto machen wir uns auf nach Nordwesten Richtung Snaefellsnes. Der Weg ist ja schon beschrieben worden....raus aus dem schönen Reykjavik, vorbei am deutschen Baumarkt und dann ab durch den Tunnel unter dem Walfjord. Carola und Frank staunen. Schon 3x waren sie bisher in Island. Aber hier noch nicht. Das freut uns besonders und wir zeigen Ihnen den im schönsten Winterlicht leuchtenden Reykjaviker Hausberg Esja (914m) auf dem Weg nach Borganes. Es fängt an zu schneien und wir merken, dass es die letzten Tage wahrscheinlich das gleiche tat, denn überall ist es weiß und ein Halt am Straßenrand ist auf Grund des vielen Schnees kaum möglich. Die kleine Straße Richtung Gerðuberg, der schönen grauen Basaltsäulenwand ist mit unserem Auto leider nicht passierbar und so vergnügen wir uns mit sehr zutraulichen Islandpferden am Zaun.
Treue Blogleser fragen sich jetzt.... Moment mal, .. Zaun: " Das sind keine Qualitätspferde!!!! Da darf kein Zaun stehen!!! Ja, da habt Ihr recht. Aber! Das Wetter passt, wir haben die offizielle Fotoreise hinter uns gebracht und alle Pferde im Schnee standen bisher sehr weit weg und in Ermangelung langer Superteleobjektive kamen viele nicht weit genug heran. Also diesen Punkt haben wir schon mal verbessert. Sie sind gaaaanz nah und noch sehr wichtig, sie stehen auf sauberem Untergrund! Das heißt, sie stehen da ganz offensichtlich noch nicht lange, sonst wäre er nicht mehr weiß ;-) Ihr seht also, der schnelle Check der "Bedingungen für echte Qualitätspferde" hat ergeben, dass Licht und Standpunkt halbwegs passen und auch eine mehr oder weniger passable Haltebucht in der Nähe ist. Wir wollen unser Glück nicht überstrapazieren und bleiben stehen, streicheln, fotografieren und bewundern die robusten Tiere. Carola ist so fasziniert, dass sie zum ersten mal in ihrem Leben, mit einem Pferd schmust und ganz verwundert feststellt, dass sie einem Pferd noch nie so nahe gekommen ist und auch eigentlich bisher noch nie großes Interesse an diesen Tieren hatte. Tja, Carola, was man nicht alles in Island erlebt und über sich selbst lernt. Ich erfreue mich an ihrer Kontaktfreudigkeit, halte aber gehörigen Abstand zu den Tieren, denn ich, dass wissen viele, habe eine heftige Pferdehaarallergie und will noch ohne Nebenwirkungen was von meinem Tag haben.
Schönes Erlebnis, aber fotografisch bleibt mir nur die private Knipse. Warum, werden sich viele fragen. Ganz klar, sie stehen so nah, dass man kein Teleobjektiv verwenden kann, also bleibt uns nur ein Normalobjektiv ( 50mm) oder ein Weitwinkel ( ca. 14mm-35mm). Letztere verzerren bei zu viel Nähe die Gesichtszüge oder Körperformen und es entsteht bei Lebewesen ein Comiceffekt mit großem Kopf und kleinem Körper. Der Zaun im Vordergrund zeigt den Eingriff des Menschen und somit mache ich nur ein paar private Schnappschüsse und einen kleinen Film. Als mir das erste Pferd die Zunge rausstreckt, denke ich mir noch nichts dabei , aber das zweite tut es dem ersten gleich. Was wollen sie mir damit sagen? Ich stapfe Richtung Auto und beschwere mich beim Rest für das unpassende Dauerhupen, das zeitgleich abläuft. Nicht mal an meinem freien Tag nach dem intensiven Fotoworkshop darf ich in Ruhe fotografieren und werde zur Eile gemahnt. Aber ich weiß ja, was noch alles auf dem Weg liegt und so geht es bereitwillig weiter. Diverse Stopps in tollstem arktischem Licht versüßen uns den Tag und wir springen immer wieder aus dem Auto, um schöne Motive einzufangen. Heute sind wir wieder mal " Jäger des Lichts" und fühlen uns einfach nur großartig bei der irre schönen Landschaft im weißen Winterkleid. Irgendwann am Nachmittag halten wir in Arnastapi und staunen über die hohen Wellen, die mit voller Wucht an die Küste gespült werden, mit tosender Gischt auf die Basaltsäulenformation klatschen, um in schäumenden Rinnsalen ganz weiß und weich zurück ins Meer zu fließen. Auch wenn man allein durch diesen Satz sich das Bild vor Augen führen kann, möchte ich euch dieses Naturschauspiel nicht vorenthalten und habe einen kleinen Film für euch aufgenommen.
Hier könnte ich stundenlang stehen, den feinen Sprühnebel im Gesicht spüren und einfach nur genießen. Wie sehr liebe ich diese Land, mit all seinen Facetten und Eigenheiten, wie sehr genieße ich die Zeit hier und bin dankbar, dass ich das jedes Jahr in Folge wieder erleben darf. Vor 11 Jahren begannen meine spannenden Reisen durch Island. Jedes mal anders, jedes mal irgendwie neu und doch so vertraut. Carola und Frank brauche ich nur anzusehen und erkenne sofort, dass es ihnen gleich geht. Die Zeit hier ist diesmal zwar fast um, aber die Erlebnisse bleiben ewig in Erinnerung und machen uns rundum glücklich. Ich freue mich, es anderen zeigen zu können, sie mit dem typischen Islandvirus zu infizieren:-) und Ihnen auch fotografisch beratend zu Seite zu stehen.
Ich teste noch ein wenig ein paar neue Objektive und vergesse mich dabei in Raum und Zeit. Die andere sind inzwischen weiter die Küste entlang gewandert und ich genieße für wenige Augenblicke die Ruhe allein und arbeite hoch konzentriert mit Superweitwinkeln, Makroobjektiven und Telekonvertern (Letzteres sind Zusatzgeräte für Kameraobjektive, die die Brennweite des vorhandenen Objektives vergrößern) vor mich hin. Wenig später wärmen wir unsere eisigen, steifen Finger an heißer Suppe und den restlichen Köstlichkeiten. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzten, machen wir einen Toilettenstopp im Kioskcafe an der Straße (ganz neu hier) und gönnen uns eine heiße Schokolade im Pappbecher. Den alkoholischen Schuss verkneifen wir uns beim Blick auf den Preis. 14 Euro würde der nämlich kosten!!!! Uns fallen aber die lustigen Schilder im Cafe auf. Beim Eintritt steht an der Tür: " Pull like a Troll!" und beim Austritt steht: " Push like a Viking!" ( Zieh wie ein Troll, drücke wie ein Vikinger) und es bedarf keiner Erklärung, wenn man an die Kraft des Windes denkt, der hier oftmals vorherrscht und mit welch enormer Kraft man sich gegen die Türen stemmen muss oder sie festhalten sollte. Ob ich die Tür mit einer solchen Aufforderung an die Besucher jedoch aus Glas gemacht hätte, wage ich zu bezweifeln. Die Islandfahne, flattert so heftig im Wind, dass wir beschließen, lieber die Heimreise anzutreten und den Rest der Sehenswürdigkeiten dieser Halbinsel auf das nächste Mal zu verschieben.
Carola und Frank haben uns so vom Restaurant "Sægreifinn" , dem " See-Baron" vorgeschwärmt, dass wir auch direkt die Adresse ins Navi eingeben und uns auf die 2 stündige Rückfahrt nach Reykjavik machen. Ich blicke aus dem Fenster des fahrenden Autos und bin von der kalten Farbenpracht überwältigt. Ein fast schwarzer Meeresstreifen teilt den tief grauen Himmel und das grell leuchtende Weiß der Landschaft bildet den perfekten Kontrast dazu. Ich sehe alles in Farbe und doch wirkt es wie ein perfektes SW-Foto. "50 shades of grey" wäre der perfekte Titel zum Bild. Am liebsten würde ich anhalten, aussteigen und die Kamera anwerfen, aber da sehr zeitig am nächsten Morgen um 6 Uhr unser Flieger zurück nach Deutschland geht und wir wieder alles umpacken und die 1000 kleinen Taschen in 8 große Taschen verpacken müssen, fahren wir weiter und genießen nur mit den Augen. In Borganes stoppen wir noch mal kurz für 10 Minuten am Friedhof und zeigen Carola und Frank die besonderen LED-Lichter an den Gräbern. Diesmal leuchtet der Platz noch mystischer und der frische hohe Schnee reflektiert die bunten Lichter noch stärker als bei unserem letzten Besuch. Einfach irre!
Ich bemerke, dass der Wind zunimmt und verlasse den Platz unter den schneeverhangenen Bäumen lieber etwas schneller. Raus aus Borganes, zurück auf der Ringstraße N1 geht es Richtung Süden. Nur wenige Sekunden später, von jetzt auf gleich, haben wir das Gefühl ein isländischer Troll pustet uns von der Straße. Um uns herum wirbeln Eiskörner, die Sicht ist nur noch auf wenige Meter begrenzt und völlig unvermittelt peitschen heftigste Windböen gegen die Fahrerseite des Autos und drücken es stark zu Seite Richtung Randstreifen. Wir sind inmitten eines heftigen Schneesturms und sofort sind die Erinnerungen vom letzten Jahr wieder im Kopf. Ruhe bewahren ist oberstes Motto und so checke ich als Beifahrer erst mal die Lage und bediene 2 Handys und das Navi gleichzeitig. Checke vedur.is , road.is und die Entfernung bis zur nächsten Stadt. Die genaue Lange wird uns klar, als wir die leuchtend rote Warntafel entdecken, und zwar erst als sie direkt neben uns an der Straße steht. Die Straße hinter dem Walfjord-Tunnel ist gesperrt und somit der Weg nach Reykjavik versperrt. Jörg möchte am liebsten umdrehen und 13 km zurück nach Borganes fahren, aber ich habe Angst vor dem Wendemanöver mitten im Schneesturm. Ein Blick in den Rückspiegel zeigt mir sehr viele grelle Lichter und somit viele folgende Fahrzeuge. Wir haben wieder mal unvorhergesehen die Rolle des ersten Autos im Sturm. Ein ganz besch.....eidene Rolle, denn von uns hängt vieles ab. Ich kann Jörg zu gut verstehen, aber mir gehen alle Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Wenden- wahrscheinlich dumme Idee bei Sturm, keiner Sicht, mehreren folgenden Autos und entgegenkommenden die auf unsere Fahrbahn rübergedrückt werden. Unser Flug geht in 11 Stunden und wir sind ca 100 km vom Flughafen entfernt, die Straße wird mehrere Stunden gesperrt sein und wir würden uns noch weiter entfernen, somit könnte alles gefährdet sein. Aber das ist mir erst mal egal. Die Situation drängt zur Entscheidung und ich appeliere an Jörg nicht zu drehen und die 26 km durch den Sturm zu fahren. Neben uns sehen wir ein Fahrzeug, das gehalten hat und bedrohlich am Abhang hängt. Nur wenige Meter geht es runter, aber die reichen schon, wie wir vom letzten Jahr wissen, dass man die Kontrolle über das Fahrzeug verliert und runterrutscht. Oft passiert noch nicht mal was, aber riskieren wollen wir es auf keinen Fall. So bleiben wir und kämpfen uns durch den Sturm im Schritttempo. Im Vergleich zum letzten Jahr ist die Fahrbahn nicht ganz durchgängig weiß vom Schnee bedeckt und man kann noch die dunklen Fahrspuren erkennen. Das ist ein erheblicher Vorteil und hilft enorm dabei die Position auf der Straße zu erkennen. Auch die gelben Pflocken (juhu, nicht auch noch weiß) sind gerade noch zu erkennen und stehen jeweils rechts und links auf gleicher Höhe. Auch das ist ein entscheidender Vorteil, denn es hilft bei der Orientierung. Oft kann man mitten im tobenden Weiß nicht mehr die rechte von der linken Seite unterscheiden und dreht sich schneller als man denkt. Also richteten wir unsere volle Konzentration auf die Linien auf der Fahrbahn und die gelben Markierungen. Eine Leitplanke gibt es nicht. Der Wind drückte mit voller Wucht gegen die Fahrerseite und wir fuhren mittig, solange kein Auto entgegen kam um mehr Spielraum Richtung links und rechts zum Rand zu haben. Das Herz schlägt mir in so einer Situation immer bis zum Hals und ich presse mit voller Wucht die Zähne zusammen.
Ich erkundigte mich wie es unseren ruhigen Begleitern auf der Rücksitzbank geht und sie sahen zwar alles andere als glücklich aus, aber ich war heilfroh, dass sie unsere Entscheidung mittrugen, ruhig blieben, nicht in Panik verfiehlen und uns vertrauten. Bei jeder richtig starken Windböe, bei der das Auto zur Seite rutschte, bleiben wir kurz stehen um nicht noch mehr zu rutschen. Die Straße machte einen Bogen und die Eiskörner und Schneeflocken kamen nun von vorn. Das machte die Sicht sofort schlechter und in so einer Situation darf man auch mal so richtig laut fluchen. Plötzlich konnte man die nächsten gelben Straßenpfosten nicht mehr sehen. Ich sagte Jörg immer die Position auf der Straße an und er korrigierte passend dazu das Auto. Dann traf uns eine richtig heftige Böe so sehr, dass wir unvermittelt nach rechts rutschten und eine gleichzeitige Bodenwelle ließ uns noch mal weiter rutschen. Wir schrien alle lautstark auf und Jörg ist dabei so richtig erschrocken. Merke!!! Mund halten, die Zähne zusammenbeißen, auch wenn es schwer fällt. Ich bediente nebenher die Handys und Navigation bemerkte, dass die Sturmstärke von 21 auf 32 gestiegen war, jetzt unsere Straße auch gesperrt war, sowie so ziemlich jede Straße die nach Reykjavik führte, und gab Jörg die Kilometer durch. Noch 18 km. Es ging leicht um die Kurve und somit kam der Sturm absolut frontal von vorn. Mit einem mal war keine Sicht mehr, die Straße füllte sich mit Schnee an und es waren keine schwarzen Fahrbahnlinien mehr erkennbar. So ein Mist!!!! Ich fragte in die Runde, was wohl passieren würde, wenn wir stehen blieben. Würde jemand von den anderen überholen? Könnte man dann besser sehen? Oder ist es noch gefährlicher, weil man aufrutschen kann beim Bremsen? Jörg fuhr weiter. Es kamen Autos entgegen und drückten gefährlich nahe an uns heran. Die Windgeschwindigkeit ging hoch auf 36 km/h, alles war weiß und jetzt wurde es uns zu gefährlich. Wir blieben einfach stehen und streikten in der Rolle des Leithammmels. Sofort kämpfte sich das Auto nach uns, an uns vorbei an die Spitze und übernahm die Position des Ersten. Vom Auto her, vermuteten wir einen Isländer in einem Jeep. Unsere Sicht wurde sofort um Welten besser. Wir konnten durch seine Scheinwerfer viel weiter sehen, auch die Pfosten eins weiter vorne. Er machte es genau wie wir, fuhr mittig und passte das Tempo dem Wind an. Plötzlich überholte uns in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit ein weißer Kleinbus und wir waren darüber so in Rage, das wir schimpften und uns sicher waren, dass durch solche Leute dann Unfälle passieren. Jedoch konnten wir jetzt auch sehen, wo er hinfuhr und wo sich die Straße bog und der Jeep vor uns beschleunigte etwas. Er war sicher auch froh, jemanden vor sich zu haben. Wir haben es langsam und bedacht durch den Sturm geschafft und am Walfjordtunnel gab es dann die Auskunft von der Polizei, dass es einen schweren Unfall gegeben hat und wir in der Stadt Akranes abwarten sollen, bis die N1 wieder geöffnet wird. Es würde sicher ein paar Stunden dauern. Na gut, wir fanden ein Cafe im starken Regen und freuten uns über den sicheren Halt.
Ich glaube, ich muss mich nun ein bisschen kürzer fassen, aber solch ein Erlebnis wühlt mich sehr auf und beschäftigt mich noch später sehr. Auch in Akranes steigerte sich der Sturm noch, aber nun nur mit Regen und nicht mehr Schnee. Wir mussten einige Stunden warten und als das Cafe schließlich gegen 22:00 Uhr schloss, begaben wir uns wieder Richtung Tunnel. Wir hatten Glück. Obwohl die Straße noch als gesperrt gekennzeichnet war, konnten wir und mit uns eine lange Autoschlange den Tunnel passieren und die N1 Richtung Reykjavik nehmen. Rechts und links lagen Fahrzeuge im Straßengraben. Auch zwei Reisebusse hatte es erwischt und wie wir am nächsten Morgen aus den Nachrichten erfuhren, hatte es fast 60 Personen betroffen, von denen glücklicherweise keiner ernsthaft verletzt war. Kurz nach 11 waren wir endlich im Hotel. Etwas müde aber wohlbehalten und glücklich. Das musste doch gefeiert werden! Zwar hatten wir nur noch 4 Stunden bis zu unserer Abfahrt zum Flughafen und mussten noch die Koffer packen, aber das war uns egal. Also machten wir es uns in Thermounterwäsche auf dem Hotelflur gemütlich und süffelten alle zusammen genüßlich das Bier und den Rotwein, den uns Frank und Carola spendierten.
Nach einer herzlichen Umarmung verabschiedeten wir uns von den beiden, denn nun rannte die Zeit davon. Der Rest ist schnell erzählt. Die Koffer wurden gepackt und im Dunkel ging es dann frühmorgens ab zum Flughafen. Wieder ist ein abwechslungsreicher und schöner Workshop zu Ende und wehmütig denke ich an meine netten Teilnehmer und die gemeinsamen Erlebnisse zurück. Aber bald gibt es ja den nächsten Workshop und wir sehen uns wieder - hier in Island.