Heute präsentiert sich Island nicht von seiner Schokoladenseite, zumindest was das Wetter betrifft. Grau in grau und Regen. Trotzdem lassen sich die Einwohner von Reykjavik nicht beirren und präsentieren sich verrückt und lebensfroh wie immer. Heute im Angebot: The day of silly walks. Bekannt geworden durch Monty Python’s Flying Circus versuchen heute am weltweiten Tag des albernen Marsches auch die Isländer so abstrus wie möglich durch die Straßen zu marschieren.(2022/01/24: Kleine Korrektur, der internationale Tag des albernen Ganges ist am 07.01. und nicht wie ich hier geschrieben habe, am 08.01. )
Unser Silly Walk an der Perlan, dem großen Wasserspeicher in Reykjavik.
Island ist ein Land der Extreme. Viele, die zum ersten Mal hier sind unterschätzen die raue und unberechenbare Natur. Während einige Erlebnisse ärgerlich sind aber noch glimpflich ausgehen (Fehler beim Furten, Feststecken in loser Lava oder in Schneefeldern usw.) können andere Situationen schnell lebensbedrohlich werden. So erging es gestern wohl auch einem Touristenpaar, die mit einer Gruppe zu einer sehr beliebten Schneemobiltour zum Langjökull Gletscher aufgebrochen waren und in einem plötzlich einsetzenden Schneesturm den Anschluss an ihre Gruppe verloren hatten. Nach mehreren Stunden konnten die beiden durch 180 Helfer stark unterkühlt aber unverletzt gerettet werden.
So ein Erlebnis möchten wir natürlich keinem in unserer Gruppe bescheren und haben uns deshalb außerordentlich sorgfältig auf die nächsten Tage vorbereitet und sind schon mal einige Strecken vorher abgefahren. Vor allem die Planung für nächsten Samstag, auf der Halbinsel Reykjanes, war heute Vormittag im Fokus. Schwuppdiwupp ging es zunächst mit unserem schönen Tourbus Richtung Kleifarvatn, einem malerischen See, eingerahmt von Felswänden.
Was zunächst wie ein Kinderspiel wirkte, holte uns ganz schnell wieder auf den Boden der isländischen Tatsachen zurück und zeigte uns, dass in Island die Natur die Gesetze macht. Kurz nachdem die asphaltierte Straße 42 in eine Gravel Road überging, standen wir auch schon mit unserem Bus an einem vereisten Hang und rutschten langsam aber unaufhaltsam rückwärts wieder runter. Der Bus blieb glücklicherweise nach ein paar Metern stehen, während heftiger Wind und Schneeregen unaufhörlich gegen die Scheiben drückten. Also hieß es Aussteigen, Ausrutschen und Wiederaufrappeln, zum Kofferraum schlittern und Schuhspikes anlegen.
Erst nach etwa einer Stunde und der Hilfe eines sehr freundlichen (und mit einem viel wintertauglicheren Fahrzeug ausgestatteten) Isländers der uns half, einige Kilogramm Schlamm und Steine auf die Straße und unsere Räder zu befördern, konnten wir unser Fahrzeug und uns aus dieser misslichen Lage befreien. Dank an unseren unbekannten Helfer! Hier ein kleines Video kurz nach unserem Missgeschick.
Glücklicherweise hatten wir Schuhspikes eingepackt und über so viel Schotter direkt am Strassenrand hatten wir uns schon lange nicht mehr gefreut. Wir haben uns auch direkt gleich ein baugleiches Auto inklusive Spikes organisiert, denn es liegen in den nächsten Tagen wahrscheinlich noch mehr vereiste Pisten vor uns.
Direkt nach dem Besuch bei der Autovermietung ging es weiter zum Flughafen Keflavik um die restlichen Teilnehmer abzuholen. Nach einem kurzen Kennenlernen gab es wieder ein sehr schmackhaftes Essen im Potturinn og Pannan in netter Gesellschaft unserer nun vollzähligen Gruppe. Da es ja ein INTENSIV Fotoworkshop ist, haben wir den Fotoworkshop auch gleich mit einen nächtlichen Fototripp durch Reykjavik eröffnet. Da die Wolkendecke leider zu dicht über Reykjavik hing, waren die angeblich darüber tanzenden Nordlichter nicht zu sehen und die Teilnehmer bekamen als Entschädigung eine ordentliche Einführung in das Thema Fotografieren bei starken Sturmböen. Dazu ging es zum höchsten Punkt in Reykjavik, der Perlan, einem sehr präsenten, bunt beleuchteten Warmwasserspeicher aus Aluminiumtanks die mit einer beleuchteten Glaskuppel überdacht sind. Die erste Lektion war Fotografieren bei schwierigen Witterungsverhältnissen sowie Sicherung der Kamera und des Stativs bei Sturm. Anfangs etwas zaghaft bezwangen die Teilnehmer jedoch ganz schnell die Kälte und nutzten die Gegebenheiten vor Ort, um sich fotografisch warm zu schießen. Die Lichtsituation an der zweiten Station, der Skulptur Sólfar, was auf Deutsch Sonnenfahrt bedeutet, wurde schon viel kreativer und mutiger in den Fotos umgesetzt. Unser letzter Halt widmete sich dem Thema nächtliche Langzeitbeleuchtung. Die rhythmisch fließenden bunten Farben der wunderschön beleuchteten Harpa-Fassade, dem neu errichteten imposanten Konzerthaus, spiegelten sich in den davor liegenden Wasserbecken. Der starke Wind sorgte zudem für eine rippelige Wasseroberfläche, die jedoch durch eine lange Belichtungszeit, zu einem soften Farbenteppich umgewandelt wurde.
Die wunderschöne beleuchtete Fassade der Harpa in der Nacht
Trotz Eiseskälte wurde viel ausprobiert und experimentiert und die ersten Erfolgserlebnisse beim Umstellen von Automatik auf manuellen Modus verzeichnet. Das nächtliche Einstiegsseminar hatte auch noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Morgen werden sich einige Teilnehmer sicherlich noch etwas wärmer anziehen.